Wer muss Elternunterhalt zahlen?
Im Pflegefall ist es nicht selten, wenn Einkünfte und Vermögen nicht ausreichen, dass die Kinder zur Zahlung von Pflegekosten herangezogen werden. Eine Unterhaltspflicht besteht aber nur bei Bedürftigkeit.
Bedürftigkeit liegt vor, wenn das Gesamtvermögen die gesetzlichen Grenzen unterschreitet. Zum Gesamtvermögen gehören auch Kraftfahrzeuge oder getätigte Schenkungen, diese wegen Verarmung innerhalb der letzten 10 Jahre von den Beschenkten zurück gefordert werden können. Ist die Schenkung nicht in einem Beitrag zurück zu zahlen, so wird dieses ratierlich von den Beschenkten gefordert. Aber nicht nur die Kinder, sondern alle Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Unterhaltspflichtig sind somit Kinder, Enkelkinder, Eltern, Großeltern, Urgroßeltern und indirekt über das Einkommen auch Schwiegerkinder. Glück haben demnach Geschwister, Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins – noch!
Kinder
Zum Elternunterhalt sind volljährige eheliche, nicht eheliche und adoptierte Kinder verpflichtet, nicht jedoch Stiefkinder. Was ist jedoch, wenn die Kinder nicht zahlen können?
Kinder haften auch bei Vorleistungen durch das Sozialamt
Vorteilhaft ist, dass das Sozialamt keinen Pflegefall alleine lässt. Sind die Kinder freiwillig in der Lage die Kosten zu übernehmen, darf das Amt auf die Selbsthilfe verweisen. Ist kein Vermögen vorhanden und die Kinder können die Kosten nicht decken, geht das Sozialamt verpflichtend in Vorleistung. Später wird jedoch das Sozialamt sich das Geld von den Kindern zurückholen, ggf. auch über das Familiengericht. Auf Enkelkinder hat das Sozialamt jedoch keine Rückgriffsmöglichkeit. Für die Berechnung des Unterhalts wird das Einkommen des Ehegatten, das über dem Sozialhilfesatz liegt (einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung rund 650 bis 700 Euro), herangezogen. So kann es ein, dass man dadurch als Ehepartner selbst zum Sozialhilfeempfänger wird, wenn der Partner ins Pflegeheim kommt.
Achtung: Es besteht ein Unterschied zwischen den Rechten des Sozialamtes oder eines bestellten Betreuer.
Für das Sozialamt bestehen heute eingeschränkte Rückgriffsmöglichkeiten auf die Verwandten in gerader Linie. Wurde ein Betreuer bestellt, so kann dieser jedoch alle Verwandte in gerader Linie auf Unterhalt verklagen, so auch das Enkelkind. Heute sind viele Großeltern aufgrund ihrer beruflichen Laufbahn noch einigermaßen finanziell gut gestellt, sowie noch überwiegend in Partnerschaft. Künftige Generationen leben dagegen oft alleine, haben wenig privat vorgesorgt und die berufliche Laufbahn ist durch lange Studienzeiten, Arbeitslosigkeit und niedrigen Einkommen beeinträchtigt. Die Pflegekosten und die Anzahl der Alten steigen weiter, so dass auch aus der Pflegeversicherung nicht mit einem finanziellen Ausgleich zu rechnen ist. Wer soll es bezahlen? Fazit: Die künftigen Generationen werden mehr und mehr auf Unterhalt verklagt werden. Das ist sicher!
Wird ein Rentner unterhaltsbedürftig, so hat dieser Anspruch nicht auf Sozialhilfe, sondern auf Grundsicherung (gilt seit 2003). Vorteil: „Eine Rückgriffsmöglichkeit auf Verwandte in gerader Linie ist nur möglich, wenn diese mit ihrem zu versteuernden Einkommen über einer Grenze von 100.000 Euro liegen.“ Michael Baczko, Fachanwalt für Sozialrecht.
Aber eine Sicherheit ist deswegen noch nicht gegeben, denn die Heimkosten übersteigen häufig die Rente, Grundsicherung und Leistungen aus der Pflegeversicherung.
Kinder sind verpflichtet ihr Einkommen und Vermögen offen zulegen. Um prüfen zu können, ob Kinder zur Unterhaltszahlung verpflichtet werden können, werden ihnen zur Prüfung des Einkommen und Vermögen und zur Sicherung der Regressansprüche eine Rechtswahrungsanzeige vom Sozialamt zugesandt. Auch wenn die Kinder erst später über verrechenbares Einkommen oder Vermögen verfügen, durch die Zusendung der Rechtswahrungsanzeige kann das Sozialamt rückwirkend ab der ersten Mitteilung den Unterhalt einfordern. Verwandte in gerader Linie unterliegen gegenüber der Behörde der Auskunftspflicht und können sich dem nicht entziehen.
Was zählt zum Einkommen:
+ Bruttoverdienst Lohn/Gehalt
+ Einnahmen aus Vermietung, Verpachtung
+ Einnahmen aus Kapitalvermögen
+ einmalige Sonderzuwendungen
wie z.B.: das Weihnachts- oder Urlaubsgeld
+ Einkünfte aus Überstunden bzw. Nebentätigkeiten
+ Unfallrenten, Arbeitslosen- und Mutterschaftsgeld
abzüglich: Steuern und Sozialversicherungsabgaben, Kosten für berufsbedingte Aufwendungen, Kredite und Schulden, die schon vor Eintritt der Unterhaltspflicht bestanden haben, sowie Unterhalts-verpflichtungen gegenüber den eigenen Kindern, des Ehegatten oder des Ex-Ehegatten.
Was zählt nicht zum Einkommen:
+ Kindergeld
+ Elterngeld
+ Sozialhilfe
Berufsbedingte Aufwendungen
Es besteht keine einheitliche Regelung. So gibt es in den Bundeländern unterschiedliche Regelungen, so haben z.B. die Oberlandesgerichte Düsseldorf und Berlin die Kosten für berufsbedingte Aufwendungen mit fünf Prozent des Nettoeinkommens angesetzt, maximal jedoch mit 50 Euro. Andere Oberlandesgerichte verlangen die tatsächlichen Kosten (zum Beispiel das OLG Köln).
Nachrang des Elternunterhalts
Das Bundesverfassungsgericht hat 2005 klargestellt, dass der Elternunterhalt nur nachrangiges Gewicht hat. Finanzielle Verpflichtungen gegenüber (auch geschiedenen) Ehegatten und eigenen Kindern gehen vor. Denn die mittlere Generation (sogenannte Sandwichgeneration) sehe sich den vorrangigen Unterhaltsansprüchen der eigenen Kinder ausgesetzt und müsse sich zudem um die eigene Altersvorsorge kümmern (AZ: 1 BvR 1508/96). Für die eigene private Altersvorsorge (zum Beispiel für eine Lebensversicherung) können bis zu fünf Prozent vom Brutto berechnet werden (BGH-Urteil, AZ: XII ZR 98/04). "Allerdings werden hier keine pauschalen Abzüge für die sekundäre Altersvorsorge anerkannt, sondern nur tatsächliche Ausgaben", betont Jörn Hauß, Fachanwalt für Familienrecht aus Duisburg. Übrig bleibt das bereinigte Einkommen, das für die Bestimmung des Unterhaltsanspruchs maßgeblich ist.